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Die Elektroenzephalografie (EEG) ist ein nicht-invasives diagnostisches Verfahren zur Messung der elektrischen Aktivität des Gehirns. Sie wird vor allem in der Neurologie, Psychiatrie und Schlafmedizin eingesetzt, um Funktionsstörungen oder spezifische Muster wie Epilepsie oder Schlafphasen zu analysieren. Die Methode basiert auf der Ableitung von Spannungsschwankungen an der Kopfhaut, die durch neuronale Aktivität entstehen.

Allgemeine Beschreibung

Die Elektroenzephalografie ist ein neurophysiologisches Verfahren, das die spontane elektrische Aktivität des Gehirns misst. Dabei werden Elektroden auf der Kopfhaut platziert, die die durch Synapsenaktivität erzeugten Potentialdifferenzen (im Mikrovolt-Bereich, µV) erfassen. Diese Signale werden verstärkt, gefiltert und als Wellenformen (EEG-Kurven) visualisiert, die charakteristische Frequenzbänder wie Delta (0,5–4 Hz), Theta (4–8 Hz), Alpha (8–13 Hz) und Beta (13–30 Hz) aufweisen.

Die Ableitung erfolgt nach standardisierten Systemen wie dem 10-20-System (internationale Nomenklatur der Elektrodenpositionen, z. B. Fp1, C3, O2), das eine reproduzierbare Platzierung ermöglicht. Moderne EEG-Geräte nutzen digitale Signalverarbeitung, um Artefakte (z. B. durch Muskelaktivität oder Augenbewegungen) zu minimieren. Die Untersuchung ist schmerzfrei und kann sowohl in Ruhe als auch unter Provokation (z. B. Hyperventilation, Fotostimulation) durchgeführt werden.

Klinisch dient das EEG primär der Diagnostik von Epilepsien, bei denen typische Muster wie Spike-Wave-Komplexe oder scharfe Wellen auftreten. Zudem unterstützt es die Abklärung von Bewusstseinsstörungen (z. B. Koma), Enzephalopathien oder demyelinisierenden Erkrankungen wie Multipler Sklerose. In der Forschung wird das EEG zur Untersuchung kognitiver Prozesse (z. B. Aufmerksamkeit, Gedächtnis) oder in Kombination mit anderen Methoden wie der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) eingesetzt.

Technische Grundlagen

Die elektrische Aktivität des Gehirns entsteht durch postsynaptische Potentiale von Pyramidenzellen in der Großhirnrinde. Diese Potentiale werden als Feldpotentiale an die Kopfhaut weitergeleitet, wo sie von Elektroden (meist Silber/Silberchlorid) abgegriffen werden. Die Signalqualität hängt von Faktoren wie Elektrodenimpedanz (ideal < 5 kΩ), Verstärkung (typisch 10.000–100.000-fach) und Filtereinstellungen (z. B. Hochpass bei 0,5 Hz, Tiefpass bei 70 Hz) ab.

Moderne EEG-Systeme nutzen differenzielle Verstärker, um Störsignale (z. B. 50-Hz-Netzbrummen) zu unterdrücken. Die digitale Aufzeichnung ermöglicht Echtzeitanalysen wie Frequenzspektren (Fast Fourier Transformation) oder Ereigniskorrelierte Potentiale (EKP). Für Langzeituntersuchungen (z. B. Schlaf-EEG) kommen tragbare Geräte mit bis zu 256 Kanälen zum Einsatz, die Daten über mehrere Stunden speichern.

Anwendungsbereiche

  • Epilepsie-Diagnostik: Identifikation epileptiformer Aktivität (z. B. 3-Hz-Spike-Wave-Muster bei Absencen) und Klassifikation von Anfallsformen. Das EEG hilft, zwischen fokalen und generalisierten Epilepsien zu unterscheiden und die Wirksamkeit antikonvulsiver Therapien zu überwachen.
  • Schlafmedizin: Analyse von Schlafstadien (NREM/REM) und Störungen wie Narkolepsie oder Schlafapnoe-Syndrom. Polysomnografische EEG-Ableitungen erfassen zusätzlich Atmung, Muskeltonus und Augenbewegungen.
  • Neurologische Akutdiagnostik: Beurteilung von Bewusstseinsstörungen (z. B. nach Schädel-Hirn-Trauma oder bei metabolischem Koma), Erkennung von subklinischen Anfällen oder Hirntod-Diagnostik (Null-Linie-EEG).
  • Psychiatrie: Unterstützung bei der Differenzialdiagnose von psychogenen nicht-epileptischen Anfällen (PNES) oder dem Delir. In der Forschung wird das EEG zur Untersuchung von Schizophrenie oder Depressionen genutzt.
  • Kognitive Neurowissenschaft: Untersuchung von Hirnfunktionen wie Sprache (z. B. N400-Potential), Aufmerksamkeit (P300) oder motorischer Planung (Bereitschaftspotential).

Bekannte Beispiele

  • Hans Berger (1929): Der deutsche Psychiatrie-Professor veröffentlichte das erste menschliche EEG und prägte den Begriff. Seine Entdeckung revolutionierte die Neurophysiologie, obwohl initiale Skepsis wegen der geringen Signalstärke bestand.
  • Epilepsie-Chirurgie: Prächirurgische EEG-Untersuchungen mit intrakraniellen Elektroden lokalisieren epileptogene Zonen für gezielte Resektionen (z. B. bei temporaler Lappenepilepsie).
  • Brain-Computer-Interfaces (BCI): EEG-gesteuerte Systeme ermöglichen Patienten mit Locked-in-Syndrom die Kommunikation über Gedanken (z. B. durch SSVEP-Paradigmen).
  • Schlaf-Forschung:
  • Eugene Aserinsky (1953): Entdeckung der REM-Schlafphase mittels EEG und EOG (Elektrookulografie), was die Grundlage der modernen Schlafforschung legte.

Risiken und Herausforderungen

  • Artefakte: Muskelaktivität (EMG), Augenbewegungen (EOG) oder externe Störquellen (z. B. Elektrodenbewegungen) können die Signalqualität beeinträchtigen. Abhilfe schaffen Filterungstechniken oder Independent Component Analysis (ICA).
  • Räumliche Auflösung: Das EEG hat eine begrenzte Ortsauflösung (ca. 1–2 cm), da Feldpotentiale an der Kopfhaut diffus verteilt werden. Für präzise Lokalisation sind Quellenanalyse-Methoden (z. B. LORETA) oder kombinierte MRT/EEG-Untersuchungen nötig.
  • Interpretationsvariabilität: Die visuelle Auswertung von EEG-Kurven ist subjektiv und erfordert erfahrene Neurologen. Automatisierte Algorithmen (z. B. Machine Learning) sollen hier die Objektivität erhöhen.
  • Ethische Fragen: Bei tiefen Hirnstimulationen oder BCI-Anwendungen bestehen Bedenken hinsichtlich Datenschutz und Missbrauch (z. B. Gedankenlesen).
  • Kosten und Verfügbarkeit: Hochauflösende EEG-Systeme (z. B. mit 256 Kanälen) sind teuer und in Entwicklungsländern oft nicht zugänglich, was die globale Diagnostik einschränkt.

Ähnliche Begriffe

  • Magnetoenzephalografie (MEG): Misst magnetische Felder des Gehirns mit SQUID-Sensoren (Supraleitende Quanteneinheitsdetektoren) und bietet eine höhere räumliche Auflösung als das EEG, ist jedoch technisch aufwendiger.
  • Evoziere Potentiale (EP): EEG-Antworten auf spezifische Reize (z. B. visuell evozierte Potentiale, VEP), die Leitungsbahnen des Nervensystems prüfen. Häufig in der Diagnostik von Multipler Sklerose eingesetzt.
  • Elektrokortikografie (ECoG): Invasive EEG-Ableitung direkt von der Hirnoberfläche (z. B. während neurochirurgischer Eingriffe), die eine höhere Signalqualität als das Oberflächen-EEG liefert.
  • Quantitatives EEG (QEEG): Computergestützte Analyse von EEG-Daten (z. B. Spektralanalyse, Kohärenzmaße), die objektive Vergleiche mit Normdatenbanken ermöglicht.

Zusammenfassung

Die Elektroenzephalografie ist ein zentrales Werkzeug der klinischen Neurophysiologie, das durch nicht-invasive Messung elektrischer Hirnaktivität wertvolle Diagnoseinformationen liefert. Ihre Anwendungen reichen von der Epilepsie-Diagnostik über die Schlafmedizin bis hin zu neurowissenschaftlicher Grundlagenforschung. Trotz technischer Herausforderungen wie Artefakten oder begrenzter räumlicher Auflösung bleibt das EEG aufgrund seiner Zeitauflösung (Millisekundenbereich) und Kosteneffizienz unverzichtbar. Fortschritte in der Signalverarbeitung und KI-gestützten Auswertung könnten die Methode in Zukunft noch präziser und zugänglicher machen.

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