English: Iron overload / Español: Sobrecarga de hierro / Português: Sobrecarga de ferro / Français: Surcharge en fer / Italiano: Sovraccarico di ferro
Eine Eisenüberladung (medizinisch: Hämosiderose oder Hämochromatose) beschreibt einen pathologischen Zustand, bei dem der Körper zu viel Eisen speichert. Dieser Überschuss kann zu schweren Organschäden führen, insbesondere in Leber, Herz und Bauchspeicheldrüse. Die Ursachen reichen von genetischen Störungen bis hin zu häufigen Bluttransfusionen.
Allgemeine Beschreibung
Eine Eisenüberladung entsteht, wenn die Eisenaufnahme im Darm oder die Eisenfreisetzung aus Makrophagen unkontrolliert erhöht ist. Normalerweise reguliert der Körper die Eisenresorption über das Hormon Hepcidin, das in der Leber produziert wird. Bei Störungen dieses Mechanismus – etwa durch Mutationen im HFE-Gen (primäre Hämochromatose) – wird Eisen vermehrt aus der Nahrung aufgenommen und in Geweben abgelagert.
Das überschüssige Eisen lagert sich vor allem in Form von Hämosiderin (einem eisenhaltigen Pigment) in Organen ab. Betroffen sind primär Leber (Risiko für Zirrhose oder Leberkrebs), Herz (Kardiomyopathie), Bauchspeicheldrüse (Diabetes mellitus) und Gelenke (Arthritis). Die Symptome entwickeln sich oft schleichend und umfassen Müdigkeit, Gelenkschmerzen und Hautverfärbungen (Bronzediabetes).
Man unterscheidet zwischen primärer (genetisch bedingter) und sekundärer Eisenüberladung. Letztere tritt häufig nach wiederholten Bluttransfusionen (z. B. bei Thalassämie oder Sichelzellenanämie) oder bei chronischen Lebererkrankungen auf. Die Diagnose erfolgt über Bluttests (Serumferritin, Transferrinsättigung) und ggf. eine Leberbiopsie.
Pathophysiologie
Der menschliche Körper besitzt keine aktive Eisenausscheidung. Überschüssiges Eisen wird daher in Zellen gespeichert, wo es über die Fenton-Reaktion reaktive Sauerstoffspezies (ROS) bildet. Diese oxidieren Lipide, Proteine und DNA, was zu Zellschäden und Fibrose führt. Besonders kritisch ist die Eisenablagerung in Kardiomyozyten (Herzmuskelzellen), da sie zu Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz führen kann.
Genetische Formen der Eisenüberladung (z. B. HFE-assoziierte Hämochromatose) betreffen vor allem Menschen nord- und westeuropäischer Abstammung. Die Penetranz der Erkrankung ist variabel: Nicht alle Genträger entwickeln Symptome. Umweltfaktoren wie Alkoholkonsum oder eine eisenreiche Ernährung können den Verlauf beschleunigen.
Diagnostik
Die Diagnose einer Eisenüberladung basiert auf Laborparametern:
- Transferrinsättigung (> 45 %): Frühindikator für erhöhte Eisenresorption.
- Serumferritin (> 300 µg/L bei Männern, > 200 µg/L bei Frauen): Zeigt Eisenspeicher an.
- Genetische Tests: Nachweis von Mutationen (z. B. C282Y im HFE-Gen).
Anwendungsbereiche
- Genetische Beratung: Familienangehörige von Betroffenen sollten auf HFE-Mutationen getestet werden, da die Erkrankung autosomal-rezessiv vererbt wird.
- Transfusionsmedizin: Patienten mit häufigen Bluttransfusionen (z. B. bei Anämien) erhalten Chelattherapien (z. B. Deferoxamin), um Eisen auszuscheiden.
- Ernährungsmedizin: Betroffene meiden eisenreiche Lebensmittel (rotes Fleisch, Innereien) und Vitamin-C-Präparate, die die Eisenaufnahme steigern.
Bekannte Beispiele
- Hereditäre Hämochromatose (Typ 1): Häufigste genetische Form, verursacht durch HFE-Mutationen. Betrifft ~1:200 Menschen in Europa (Quelle: EASL-Leitlinien 2020).
- Sekundäre Eisenüberladung bei Thalassämie: Durch regelmäßige Transfusionen entwickeln bis zu 80 % der Patienten eine Eisenüberladung (Quelle: WHO 2019).
- Afrikanische Eisenüberladung: Seltene, nicht-genetische Form, verursacht durch eisenhaltige Getränke (z. B. traditionelles Bier in Bantu-Gemeinschaften).
Risiken und Herausforderungen
- Unterdiagnostizierung: Symptome wie Müdigkeit oder Gelenkschmerzen werden oft fehlinterpretiert, was zu späten Therapien führt.
- Therapie-Compliance: Aderlässe (Standardtherapie) erfordern lebenslange regelmäßige Durchführung, was viele Patienten überfordert.
- Organschäden: Unbehandelt führt die Eisenüberladung zu irreversiblen Schäden (z. B. Leberzirrhose mit 5-Jahres-Überlebensrate < 50 %).
- Kosten: Chelattherapien (z. B. Deferasirox) sind teuer und in Entwicklungsländern oft unzugänglich.
Ähnliche Begriffe
- Hämosiderose: Eisenablagerung in Geweben ohne Gewebeschäden (im Gegensatz zur Hämochromatose mit Funktionsstörungen).
- Ferritin: Eisenspeicherprotein; erhöhte Werte deuten auf Eisenüberladung oder Entzündungen hin.
- Transferrin: Transportprotein für Eisen im Blut; seine Sättigung ist ein diagnostischer Marker.
- Hepcidin: Regulatorhormon der Eisenaufnahme; bei Hämochromatose oft erniedrigt.
Zusammenfassung
Die Eisenüberladung ist eine ernsthafte Stoffwechselstörung mit genetischen und erworbenen Ursachen. Unbehandelt führt sie zu schweren Organschäden, doch frühzeitige Diagnose (via Bluttests/Genetik) und Therapie (Aderlass, Chelatoren) können den Verlauf stoppen. Besonders Risikogruppen wie Transfusionspatienten oder Angehörige von Genträgern sollten regelmäßig untersucht werden. Die Forschung konzentriert sich auf neue Hepcidin-basierte Therapien, um die Eisenaufnahme gezielt zu hemmen.
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