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Eine Herzmuskelentzündung ist eine entzündliche Erkrankung des Herzmuskels (Myokard), die durch Infektionen, Autoimmunreaktionen oder toxische Einflüsse ausgelöst werden kann. Sie zählt zu den relevanten kardiologischen Notfällen, da sie in schweren Fällen zu Herzrhythmusstörungen oder Herzschwäche führen kann. Die Diagnose erfordert eine sorgfältige Abgrenzung von anderen Herzerkrankungen.
Allgemeine Beschreibung
Die Herzmuskelentzündung, medizinisch als Myokarditis bezeichnet, ist eine Entzündung des Herzmuskelgewebes, die sowohl akut als auch chronisch verlaufen kann. Sie entsteht häufig als Folge einer viralen Infektion, wobei Viren wie Coxsackie-B-Viren, Adenoviren oder das SARS-CoV-2-Virus (Quelle: European Society of Cardiology, 2021) eine zentrale Rolle spielen. Daneben können auch bakterielle Erreger, Pilze oder Parasiten die Erkrankung auslösen.
Nicht-infektiöse Ursachen umfassen Autoimmunerkrankungen wie Lupus erythematodes oder rheumatoide Arthritis, bei denen das Immunsystem fälschlicherweise körpereigenes Gewebe angreift. Toxische Substanzen, etwa bestimmte Chemotherapeutika (z. B. Anthrazykline) oder übermäßiger Alkoholkonsum, können ebenfalls eine Myokarditis begünstigen. Seltenere Auslöser sind Strahlentherapien im Brustkorbbereich oder systemische Entzündungsreaktionen.
Klinisch äußert sich die Herzmuskelentzündung oft unspezifisch mit Symptomen wie Müdigkeit, Atemnot, Brustschmerzen oder Herzrasen. In schweren Fällen kann sie zu einer dilatativen Kardiomyopathie führen, bei der sich die Herzkammern erweitern und die Pumpleistung abnimmt. Die Prognose variiert stark: Während viele Patientinnen und Patienten vollständig genesen, entwickeln andere eine chronische Herzinsuffizienz.
Pathophysiologie
Die Entzündung des Myokards beginnt meist mit einer Schädigung der Herzmuskelzellen (Kardiomyozyten) durch den auslösenden Faktor. Bei viralen Infektionen dringen die Erreger über spezifische Rezeptoren in die Zellen ein und lösen eine lokale Immunantwort aus. Dabei werden proinflammatorische Zytokine wie Interleukin-1 (IL-1) und Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-α) freigesetzt, die weitere Entzündungszellen (z. B. Makrophagen, T-Lymphozyten) anlocken.
Im weiteren Verlauf kann es zu einer direkten Zellzerstörung durch die Erreger oder durch die Immunreaktion selbst kommen. Bei Autoimmunprozessen richten sich Antikörper gegen Strukturen des Herzmuskels, was zu einer anhaltenden Schädigung führt. Histologisch zeigt sich oft ein Ödem, eine Infiltration mit Entzündungszellen und in chronischen Stadien eine Fibrosierung des Gewebes (Quelle: American Heart Association, 2020).
Diagnostik
Die Diagnose einer Herzmuskelentzündung erfordert eine Kombination aus Anamnese, körperlicher Untersuchung und apparativen Verfahren. Ein Elektrokardiogramm (EKG) kann unspezifische Veränderungen wie ST-Strecken-Hebungen, Rhythmusstörungen oder eine verminderte R-Zacken-Progression zeigen. Laborchemisch sind erhöhte Werte für Troponin (ein Marker für Herzmuskelschäden) und das B-Typ natriuretische Peptid (BNP) richtungsweisend.
Die Echokardiographie dient der Beurteilung der Herzfunktion und des Ausschlusses struktureller Veränderungen. Die Magnetresonanztomographie (MRT) des Herzens gilt als Goldstandard, da sie Entzündungszeichen wie Ödem, Fibrose oder eine späte Gadolinium-Anreicherung nachweisen kann. In unklaren Fällen kann eine Myokardbiopsie durchgeführt werden, bei der Gewebeproben histologisch und immunhistochemisch untersucht werden.
Anwendungsbereiche
- Kardiologie: Die Herzmuskelentzündung ist ein zentrales Thema in der Diagnostik und Therapie von Herzerkrankungen, insbesondere bei jungen Patientinnen und Patienten mit unklaren Brustschmerzen oder Herzrhythmusstörungen.
- Infektiologie: Bei viralen oder bakteriellen Infektionen muss an eine mögliche kardiale Beteiligung gedacht werden, um frühzeitig Komplikationen zu erkennen.
- Sportmedizin: Nach durchgemachter Myokarditis wird oft eine Sportkarenz empfohlen, um das Risiko plötzlicher Todesfälle durch Rhythmusstörungen zu minimieren.
Therapieansätze
Die Behandlung richtet sich nach der Ursache und dem Schweregrad der Erkrankung. Bei viralen Infektionen steht die symptomatische Therapie im Vordergrund, da spezifische antivirale Medikamente selten verfügbar sind. Entzündungshemmende Medikamente wie nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) oder Kortikosteroide können eingesetzt werden, wobei ihre Wirkung umstritten ist.
Bei Herzinsuffizienz kommen Diuretika, ACE-Hemmer und Betablocker zum Einsatz, um die Herzfunktion zu stabilisieren. In schweren Fällen mit lebensbedrohlichen Rhythmusstörungen können ein implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD) oder eine mechanische Kreislaufunterstützung (z. B. ECMO) erforderlich sein. Bei Autoimmunerkrankungen werden Immunsuppressiva wie Azathioprin oder Cyclophosphamid eingesetzt.
Bekannte Beispiele
- Nach COVID-19-Impfungen wurden selten Fälle von Myokarditiden beobachtet, insbesondere bei jungen Männern (Quelle: CDC, 2021). Die meisten Verläufe waren jedoch mild.
- Bei Sportlerinnen und Sportlern kann eine unerkannte Myokarditis zu plötzlichem Herztod führen, wie in Einzelfällen bei Fußballspielern dokumentiert.
Risiken und Herausforderungen
- Spätfolgen: Auch nach scheinbarer Ausheilung kann es zu Narbenbildung im Myokard kommen, die das Risiko für Herzrhythmusstörungen erhöht.
- Diagnostische Unsicherheit: Die Symptome sind oft unspezifisch, was die Abgrenzung zu anderen Herzerkrankungen erschwert.
- Therapielimitierungen: Es gibt keine kausale Therapie für viele Formen der Myokarditis, insbesondere bei viralen Ursachen.
Ähnliche Begriffe
- Perikarditis: Eine Entzündung des Herzbeutels, die oft mit Brustschmerzen einhergeht, aber nicht das Myokard betrifft.
- Endokarditis: Eine Entzündung der Herzinnenhaut, meist durch Bakterien verursacht und mit Klappendefekten assoziiert.
- Kardiomyopathie: Eine strukturelle oder funktionelle Veränderung des Herzmuskels, die nicht primär entzündlich bedingt ist.
Zusammenfassung
Die Herzmuskelentzündung ist eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung, die durch Infektionen, Autoimmunprozesse oder toxische Einflüsse ausgelöst wird. Ihre Diagnose erfordert eine Kombination aus klinischer Untersuchung, Bildgebung und Laborwerten. Während viele Fälle mild verlaufen, kann eine schwere Myokarditis zu Herzinsuffizienz oder Rhythmusstörungen führen. Die Therapie ist oft symptomatisch, da kausale Ansätze begrenzt sind. Frühzeitige Erkennung und Behandlung sind entscheidend, um Langzeitschäden zu vermeiden.
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